Das Val d’Orcia (zu Deutsch „Orcia Tal“), im Herzen der Toskana, ist eine der faszinierendsten Landschaften Italiens. Zu jeder Jahreszeit verwandelt sich das Tal in ein lebendiges Gemälde: Von sattem Frühlingsgrün über goldene Weizenfelder im Sommer bis hin zu warmen Ockertönen im Herbst.
Und obwohl es so atemberaubend schön ist, ist es aufgrund seiner Entfernung von den Touristenmagneten Florenz und Siena ein immer noch kaum besuchte Ecke der Toskana.
Was dich im Val d’Orcia erwartet
Das Val d’Orcia ist die typische Toskana-Landschaft, die man von Postkarten und Kalendern kennt.
Sanfte Hügel, Zypressenalleen, winzige Dörfer mit roten Ziegeldächern.
Heimat des Brunello und Pecorino.
Weite Blicke und endlose Ruhe – das Val d’Orcia als Inbegriff von Slow Travel.
Aus Florenz eignet sich das Val d’Orcia gut für einen Tagesausflug. Um aber wirklich alles ohne Eile sehen zu können, lohnt es sich zumindest eine Nacht auf einem der vielen Weingüter des Val d’Orcia zu verbringen. Die Sonnenuntergänge sind sowieso die Zeit des Tages, zu der das Val d’Orcia seine Schönheit maximal zur Schau stellt.
Lies auch unsere Tipps zu den schönsten Weingütern der Toskana zum Übernachten
Tipp: Im Juli und August kann es hier sehr heiß werden und die sanften Konturen der Hügellandschaft verlieren unter der grellen Mittagssonne ihre Magie. Wer das wahre Val d’Orcia erleben will, sollte sich zu dieser Jahreszeit am späten Nachmittag auf den Weg machen, wenn das Licht die Landschaft in ein goldenes Leuchten taucht.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Val d’Orcia
Val d’Orcia heißt übersetzt „Tal des Orcia„. Das Gebiet ist aber kein Tal im eigentlich Sinne, sondern viel mehr eine Hügellandschaft, die vom Fluss Orcia geformt wurde.
Das Gebiet gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und kann gut mit dem Auto erkundet werden. Bevor man aber blind losfährt, sollte man wissen, welche Dörfer und Aussichtspunkte man ansteuern muss, um die ganze Magie dieser besonderen Region zu erleben.
Folgende Orte gehören zum Pflichtprogramm bei einer Rundfahrt durchs Val d’Orcia:
➤ Pienza
➤ Montalcino
➤ Sant’Antimo
➤ Monticchiello
➤ San Quirico d’Orcia
➤ Cipressi di San Quirico d’Orcia
➤ Aussichtspunkt Agriturismo Baccoleno
➤ Cappella di Madonna della Vitaleta
➤ Gladiator-Drehort Strada di Terrapille
➤ Bagno Vignoni
➤ Extra-Tipp: Montepulciano
Pienza: die ideale Stadt mit dem idealen Pecorino
Pienza zieht jeden Besucher sofort in ihren Bann. Die Stadt wurde im 15. Jahrhundert von Papst Pius II., der selbst aus Pienza stammte, von gewöhnlichem Dorf zur „ideale Stadt“ umgebaut.
Damit war Pienza weltweit das erste Beispiel humanistischer Stadtplanung, das Schönheit, Ordnung und Funktionalität vereinte. Und wenn man durch Pienza schlendert, merkt man sofort, dass der Ort mit seinen traumhaften Aussichtspunkten perfekt in die Landschaft eingebettet ist.
In ihren mittelalterlichen Gassen, die auch im Sommer immer schattig sind, kann man sich wunderbar verlieren und in kleinen Handwerksläden stöbern. Auch, wenn vieles touristisch wirkt – traditionelles Handwerk wird in diesem Teil der Toskana trotz Besucherandrang immer noch groß geschrieben.
Ein besonderes Produkt Pienzas, mit jahrhundertealter Tradition, ist der Pecorino di Pienza. Dieses Sinneserlebnis von Schafskäse ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Er wird noch heute nach alten Methoden aus der Milch lokaler Schafe hergestellt, die auf den kräuterreichen Weiden des Val d’Orcia grasen. Diese besondere Ernährung verleiht dem Käse sein unverwechselbares Aroma – mal mild und weich, mal kräftig und reif, je nach Reifegrad.
Restaurant-Tipp in Pienza:
Sette di Vino – kleine Osteria mit toskanischer Hausmannskost und handgeschriebenem Menü.
Nicht verpassen:
Der Ausblick von der Via del Bacio auf die Landschaft des Val d’Orcia.
Montalcino: Heimat des renommierten Brunello-Weins
Montalcino erhebt sich stolz auf einem 560 Meter hohen Hügel und lockt mit seiner mittelalterlichen Festung (für ein paar Euro kann man auf die Festungsmauern steigen, von denen sich ein 360-Grad-Panorama auf das Orcia Tal eröffnet) und dem legendären Brunello-Wein.
Bei einem Bummel durch die Gassen geht man vorbei an historische Weinläden, mittelalterliche Gebäude und immer wieder blitzt zwischen zwei Hauswänden die toskanische Landschaft.
Tipp: Wer den edlen Brunello di Montalcino verkosten möchte, sollte das „Enoteca la Fortezza“ besuchen, wo die edelsten Weine der Toskana serviert werden.
Restaurant-Tipp in Montalcino:
Belvedere Bar. Für kleine und große Snacks mit umwerfendem Ausblick.
Nicht verpassen:
Ein Spaziergang auf den Festungsmauern der Burg mit 360-Grad-Blick.
Schon gewusst?
Der Brunello di Montalcino ist einer der renommiertesten Rotweine Italiens und wird ausschließlich aus Sangiovese-Trauben rund um Montalcino gekeltert. Für einfache Qualitäten zahlst du rund 20 Euro pro Flasche – es gibt aber auch Jahrgänge, deren Preise im vierstelligen Bereich liegen.
Sant’Antimo: die einsame Abtei
Die Abbazia di Sant’Antimo liegt einsam und allein eingebettet in eine Postkartenlandschaft aus silbrigen Olivenbäumen, Weinreben und Zypressenalleen.
Die Abtei gilt als eines der schönsten Beispiele romanischer Baukunst in Italien und steht hier seit fast 1000 Jahren. Der Legende nach wurde sie von Karl dem Großen in Auftrag gegeben, zum Dank als er auf der Rückkehr seiner Pilgerreise nach Rom von der Pest verschont wurde.
Wenn das Sonnenlicht durch die antiken Fenster der Abtei fällt und die gregorianischen Gesänge der Mönche erklingen, wird der Besuch zu einem beinahe spirituellen Erlebnis.
Wenn man durch und um die Abtei spaziert, fallen gleich besondere Bauelemente auf, die man in Italien seltener sieht, zum Beispiel Tiermotive und Fabelwesen. Wer sich auskennt weiß, dass hier die Karolinger mitgewirkt haben.
Zur Abtei gehört auch ein Mönchskloster, was eine kleine Apotheke führt. Hier kann man Salben, Tees oder Öle kaufen, die von den Mönchen mit den Kräutern des Gartens hergestellt werden.
Schon gewusst?
Die Karolinger – ein Herrschergeschlecht aus dem heutigen Deutschland – brachten im 8. Jahrhundert die Toskana unter fränkische Herrschaft. Klöster wie Sant’Antimo wurden damals stark gefördert. In der Krypta der Abtei zeigen sich die karolingischen Einflüsse ganz besonders, vor allem in den Tierdarstellungen. Löwen, Greifen und Fabelwesen sind typische Motive aus dem Norden – sie sollten Schutzsymbolik und christliche Botschaften vereinen.
Monticchiello: das übersehene Juwel
Monticchiello ist ein kleiner Geheimtipp im Orcia Tal.
Der winzige Ort, mit seinen von Blumen gesäumten Gassen, ist ein Ort der Stille und Authentizität und wird von den Touristenschwärmen der Val d’Orcia weitesgehend verschont.
Monticchiello hat rund 200 Einwohner und in einer Stunde hat man alles gesehen. Die Abwesenheit von Touristen ist aber eine willkommene Abwechslung in den sonst ziemlich überfüllten Dörfern des Val d’Orcia.
Ein besonderes Highlight von Monticchiello ist die geschwungene Zypressenallee, die den Hügel hinaufführt. Den besten Blick auf die Allee hat man, wenn man kurz vor Monticchiello auf eine ungepflasterte Straße den Hügel hinauffährt. Auf Google Maps ist der Ort als „Punto Panoramico Cipressi Monticchiello“ markiert.
Restaurant-Tipp in Monticchiello:
Ristorante il Branzino, im 300 Jahre alten Getreidespeicher. Menü klein, aber oho!
Abstecher nach Montepulciano
Wer aus Monticchiello die Hauptstraße weiterfährt, kommt nach rund 20 Minuten ins legendäre Montepulciano. Offiziell ist man hier nicht mehr im Val d’Orcia, trotzdem lohnt sich ein Abstecher in diese weitere Wein-Hochburg der Toskana.
Montepulciano thront auf einem Hügel in 600 Metern Höhe – ein elegantes Städtchen, das Renaissance-Flair, Panoramablicke und exzellenten Wein vereint. Der Vino Nobile di Montepulciano wird hier seit dem 14. Jahrhundert hergestellt und der Name „Nobile“ (Adlige) entstand vermutlich, weil vor allem der Adel diesen Wein konsumierte. Die engen Gassen schlängeln sich den Hang hinauf, vorbei an historischen Palazzi, jahrhundertealte Weinkeller und versteckten Aussichtspunkten.
Ganz oben liegt die ikonische Piazza Grande, das Herz der Altstadt.
Ein besonderes Highlight von Montepulciano ist die ikonische Kirche San Biagio, unterhalb des Dorfes. Ihr Kuppel blitzt schon von weitem zwischen den Olivenbäumen hervor und ist ein beliebtes Fotomotiv.
Tipp: Gönn dir eine Weinprobe in einem der traditionellen Weinkeller – viele führen tief hinab in jahrhundertealte Gewölbe voller Vino Nobile di Montepulciano. Einer der berühmtesten Weinkeller von Montepulciano ist die Cantina dei Ricci, die an eine unterirdische Kathedrale erinnert. Hier könnt ihr verschiedene Weine kosten, natürlich von passenden Käse- und Wurstsorten begleitet, damit sich der Geschmack voll entfalten kann.
San Quirico d’Orcia: historisches Zentrum mit dem perfekten Renaissance-Garten
San Quirico d’Orcia könnte einfach nur ein weiteres zauberhaftes Dorf der Toskana sein. Zauberhaft ist es zwar, aber es hat für seine überschaubare Größe so einige wichtige Sehenswürdigkeiten: nicht zuletzt die wunderschönen Gärten Horti Leonini.
Die wurden im 16. Jahrhundert von den Medici und dem Gelehrten Diomede Leoni in Auftrag gegeben. San Quirico liegt nämlich entlang des antiken Pilgerweges Via Francigena (Frankenweg), der im Mittelalter von Canterbury bis nach Rom führte. Mit den prächtigen Gärten wollte Leoni den Pilgern einen Ort zum Ausruhen geben.
Damit sind die Horti Leonini eins der ersten Beispiele für öffentliche Parks, die für alle gedacht waren und nicht nur für Adelige und Geistliche.
Einen kleinen Blick von Innen verdient auch die verwinkelte, 900-jährige Collegiata-Kirche. Genauso wie in der Abbazia di Sant’Antimo, sind auch hier die karolingischen Fabelwesen nicht zu übersehen.
Cipressi di San Quirico d’Orcia: Wahrzeichen der Toskana
Die Cipressi di San Quirico d’Orcia sind eine der bekanntesten und meistfotografierten Motive der Toskana. Sie befinden sich auf einer kleinen Anhöhe entlang der Straße Via Cassia (SR2), zwischen San Quirico d’Orcia und Torrenieri.
Man kann nicht direkt an der Straße anhalten, da es eine Schnellstraße ist. Es gibt aber zwei kleine Parkbuchten, in denen man das Auto stehen lassen und zu den Zypressen spazieren kann. Ein Stück weiter den Hügel hinauf gibt es eine weitere Zypressengruppe, wo die ikonischen Bäume im Halbkreis stehen.
Ursprünglich wurden solche Baumgruppen als „Roccoli“ genutzt – künstliche Haine, die Vögel anlocken sollten, um sie zu jagen.
Tipp: Am besten nicht allzu schnell auf der Cassia fahren, damit man die Parkbuchten nicht verpasst.
Achtung: Man kommt nur über die Via Cassia zu den Zypressen. Google Maps schlägt einen alternativen Weg über eine Schotterstraße vor, der aber ins Nichts führt.
Je nach Jahreszeit ergibt sich ein anderes Bild der Zypressen. Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sind die besten Uhrzeiten für Fotos dieser Landschaft.
Ein Ausblick, den jeder kennt: Aussichtpunkt Agriturismo Baccoleno
Auf der Straße von San Giovanni d’Asso in Richtung Asciano befindet sich einer der berühmtesten Aussichtspunkte der Toskana – der Blick auf das Agriturismo Baccoleno. Meistens finden sich hier kaum andere Leute, da der Aussichtspunkt von der Straße aus kaum einzusehen ist. So kann man hier oft ungestört den Ausblick genießen.
Vom Hügel aus blickt man auf die sich windende Zypressenallee, die im im Abendlicht fast surreal schön erscheint. Fotografenherzen schlagen hier höher!
Wo genau?
Auf der Strada Provinciale del Pecorile zwischen Asciano und San Giovanni d’Asso. Zur Google-Markierung
Tageszeit:
Zum Sonnenuntergang, wenn die Landschaft in goldgelbes Licht getaucht wird.
Schon gewusst?
Im Agriturismo Baccoleno kann man auch übernachten. Hier gibt es acht in toskanischem Stil eingerichtete Apartments, ein Interior Pool, ein gepflegter Garten und der uneingeschränkte Blick auf die Weiten des Val d’Orcia. Frühzeitig buchen ist ein Muss!
Cappella della Madonna di Vitaleta
Die Kapelle Madonna della Vitaleta scheint direkt aus einem Toskana-Traum entsprungen zu sein. Jeder, der sich schon mal mit der Toskana beschäftigt hat, hat ein Bild dieser Kapelle gesehen.
Der Legende nach erschien an dieser Stelle auf der Weide einem Hirtenjungen die Madonna. Daraufhin wurde im 16. Jahrhundert die Kapelle errichtet, in der bis 1870 eine bedeutende Madonna-Skulptur stand, geschaffen von Andrea della Robbia. Die Statue wurde aber dann nach San Quirico d’Orcia überführt, wo sie sicherer aufbewahrt werden konnte.
Die Kapelle war über Jahrhunderte Ziel von Wallfahrten, wo die Einheimischen bei Dürre und Ernteausfällen die Madonna anbeteten.
Auch hier ist es zum Sonnenuntergang am schönsten. Den besten Blick hat man von der Strada Provinciale 146 von San Quirico d’Orcia in Fahrtrichtung Pienza.
Wo übernachten im Val d’Orcia? Die schönsten Weingüter

Das Weingut Borgo Sant’Ambrogio
bietet schöne Zimmer, ein Restaurant und Infinity-Pool (© Borgo Sant’Ambrogio)
Eigentlich gehört die Übernachtung im Orcia Tal zum Pflichtprogramm in der Toskana. Natürlich auf einem typischen Weingut, wo man den Tag im Pool ausklingen lassen kann. Diese drei Weingüter sind perfekt für die echte Toskana-Experience:
→Borgo Sant’Ambrogio: Elegantes Weingut mit Pool, Restaurant und wunderschönem Blick auf Pienza.
→Si Montalcino Hotel: Hotel mit Pool mitten in Montalcino in prominenter Lage und Ausblick auf das Val d’Orcia.
→Abbadia Sicille Relais: Historisches Kloster mit nur 12 Zimmern, großer Anlage und Pool.
Die Val d’Orcia Highlights genießen – und nicht abklappern
Wer die Val d’Orcia Sehenswürdigkeiten in ihrer ganzen Pracht erleben möchte, sollte unbedingt mit dem Auto unterwegs sein. Nur so lässt sich die sanft geschwungene Hügellandschaft mit ihren malerischen Zypressenalleen, historischen Weingütern und idyllischen Dörfern flexibel und ohne Zeitdruck erkunden.
Zwar werden auch geführte Bustouren ab Städten wie Siena oder Florenz angeboten, doch diese sind meist stark durchgetaktet und lassen wenig Raum für eigene Entdeckungen oder spontane Stopps an besonders schönen Aussichtspunkten.
Ein wertvoller Tipp: Meide die grelle Mittagssonne. Zu dieser Tageszeit verlieren die Farben der Landschaft viel von ihrer Intensität. Stattdessen bietet es sich an, ein ausgedehntes Mittagessen in einer typischen Trattoria zu genießen – zum Beispiel in Pienza oder San Quirico d’Orcia, wo man neben köstlicher toskanischer Küche auch das authentische Flair der Region erleben kann.
Besonders unvergesslich sind die Abende im Val d’Orcia. Wenn die Sonne langsam hinter den Hügeln versinkt und die Landschaft in ein goldenes Licht taucht, entsteht eine fast magische Stimmung, die man so schnell nicht vergisst. Wer dieses Schauspiel in aller Ruhe genießen möchte, sollte unbedingt eine Übernachtung in der Region einplanen – denn der Zauber eines Sonnenuntergangs im Val d’Orcia gehört zweifellos zu den schönsten Erlebnissen in der Toskana.